Beobachtungstipps für den Oktober für das Naturschutzgebiet

Twedter Feld

 

 

Wer „Waldeinsamkeit“ in einem recht stadtnahen Naturschutzgebiet wie dem Twedter Feld sucht, muss dies gegebenenfalls zu für einen Spaziergang eher unüblichen Tageszeiten tun, zum Beispiel am späten Abend oder in „mondüberglänzten Zaubernächten“. Wenn dann das Bellen der letzten ausgeführten Hunde verklungen ist, wird im Oktober im Twedter Feld oft der Waldkauz zu hören sein. Der langgezogene, heulende (oft als unheimlich empfundene) Reviergesang der Männchen ist von September bis November zu vernehmen. Das Weibchen (seltener das Männchen) ruft kurz „kuwit“. Viele kennen diese Laute nur als Filmmusik (zur Untermalung von Nachtszenen oft verwendet), im Twedter Feld ist das Original zu hören. Die Waldohreule kommt zwar auch im Twedter Feld vor. Sie ist außerhalb der Brutzeit (liegt im Frühjahr) aber meist schweigsam. Waldkauz und Waldohreule gehören aber zu den relativ wenigen Vögeln, die jetzt noch ihr Gefieder wechseln, so dass man mit etwas Glück ihre Federn finden kann.

 

 

Kein Glück hatte dieser Waldkauz aus dem Twedter Feld, der auf der Bundesstraße am Südrand des NSG mit einem Auto kollidierte. Der Verkehrstod ist gemäß dem Handbuch der Vögel Mitteleuropas eine der häufigsten Todesursachen für Waldkäuze. Mit unserer Zivilisation kollidieren sie auch, wenn sie – eine weitere häufige Todesursache von Waldkäuzen - in Kamine und Schächte stürzen. Sie ertrinken auch häufiger als andere Eulen auf Grund ihres Badebedürfnisses (Handbuch der Vögel Mitteleuropas, AULA- Verlag). Man erkennt auf dem Foto die weißen Tropfenflecken der äußeren Schulterfedern und der äußeren Armdecken.

 

Was blüht noch im Oktober? Wilhelm Lehmann (der seine in den „Bukolischen Tagebüchern“ festgehaltenen Naturspaziergänge auch in unserer Region gemacht hat) schrieb im Oktober 1927: “…die Schafgarbe, die Flockenblume blühen, der goldknöpfige Rainfarn strömt seinen kräftigen Geruch aus, als halte er darin wie in einer festen Hand die Würze des Sommers gefangen“. Diese Pflanzen sind alle auch im Twedter Feld zu beobachten. Das Foto zeigt Blüten des Rainfarns mit einer Galle, die man imTwedter Feld häufig findet.

 

 

Wilhelm Lehmann fährt fort :“ ..von den leeren Feldern dringt der quirlig schnurrende Ruf der Rebhühner.“ Diese im Twedter Feld und seiner Umgebung zu beobachten ist derzeit etwas schwieriger geworden. Im Frühjahr 2009 waren aber doch noch 2 Rebhühner im Twedter Feld zu sehen.

Herbstgesang kann man im Twedter Feld hingegen häufig von Heckenbraunelle, Zaunkönig und Rotkehlchen vernehmen. Um Vögel zu beobachten ist es im Oktober sinnvoll auf Früchte tragende Heckensträucher zu achten. Ansonsten Insekten fressende Arten, wie die Grasmücken, wenden sich jetzt oft den Wildfrüchten zu. Im Twedter Feld sind im Waldteil und in den Hecken jetzt an diesen zu sehen: Brombeere, Himbeere, Vogelbeere, Schwarzer Holunder, Schlehe, Gewöhnlicher Schneeball, Weißdorn, Kornelkirsche, Pfaffenhütchen, Liguster, Vogelkirsche, Faulbaum, Traubenkirsche und Mirabelle. Während die Früchte tragenden Sträucher am schönsten in der Mittagssonne glänzen, wird man die Früchte fressenden Vögel am besten in den frühen Morgenstunden beobachten können. Dann wird man vielleicht auch noch Igeln begegnen können, die sich den letzten Winterspeck anfressen, bevor sie sich im Oktober in den Winterschlaf begeben. Auch die Gehäuseschnecken machen jetzt ihren Deckel zu und ziehen sich unter die Erde zurück

Insekten kann man im Oktober schon ganz deutlich weniger beobachten als noch an warmen Septembertagen. Immerhin habe ich Anfang Oktober im Twedter Feld noch gelegentlich die phantastisch anmutende Raupe des Buchen-Streckfusses (oder Buchenrotschwanzes) gesehen (Calliteara pudibunda), die durch Färbung und Verhalten wohl auf ihre Unbekömmlichkeit bedingt durch ihre Haarbüschel aufmerksam machen will.

 

 

Erst nach den ersten Frösten und bis in den Dezember hinein sieht man dann den Frostspanner. Die Männchen kann man nach Einbruch der Dunkelheit im Twedter Feld oft im Flug beobachten. Das Foto zeigt ein Männchen des Frostspanners im Twedter Feld im Gegenlicht aufgenommen.

Die fast käferähnlichen Weibchen besitzen nur Flügelstummel. Manchmal sieht man sie an Laternen sitzen.

W. Lehmann ( Quelle siehe oben) hat dies auch beobachtet und schrieb über den Frostspanner: “… aber im rauen Dunkel des sinkenden Jahres gedeiht das Hochzeitsfest. Männchen und Weibchen umarmen einander. … Fledermaus und Frostspanner gewannen den Sieg, und ich schämte mich meiner Schwermut, da ich es immer wieder gegen meine Kurzatmigkeit erfuhr, dass es in der Schöpfung kein Ende gibt“.

Fledermäuse im Oktober noch im Twedter Feld zu beobachten wird langsam schwieriger.

 

 

Die hier gezeigten Braunen Langohren aus dem Twedter Feld wird man also sicher nicht bei jedem Abendspaziergang im Twedter Feld entdecken können. Wie die Weibchen des Frostspanners kann man sie gelegentlich an Laternen beobachten, vor denen sie im Rüttelflug in der Luft stehen. Im Oktober oder November ziehen sie sich in den Winterschlaf zurück. In den letzten Jahren waren die recht ortstreuen Braunen Langohren im Twedter Feld aber immer nachzuweisen. Bei der Bestandserfassung im September 2010 wurden 30 dieser schönen Fledermäuse im Twedter Feld beobachtet.

Manchmal ist es aber auch interessant bei einem Spaziergang im Wald an all das zu denken, was hier im Unter- oder Hintergrund sicher vorhanden ist, sich der Beobachtung aber entzieht. Die in Höhlen verborgenen Fledermäuse zum Beispiel oder die unterirdischen Fadengeflechte der Pilzmyzelien über deren Wirkstätten man hinweg schreitet. Gemäß der Roten Liste der Pilze für Schleswig-Holstein sollen auf einen Hektar Waldboden etwa 5 Tonnen Pilzmasse (nur die Fädchen, ohne Fruchtkörper) kommen. Die für uns sichtbaren Fruchtkörper der Pilze erinnern uns an ein komplexes Geschen in der Tiefe, das uns verborgen bleibt. Interessante Pilzfruchtkörper bildete im Twedter Feld auch an den Hauptwegen der Fruchtkörper des Parasitischen Röhrlings in den letzten Jahren regelmäßig aus.

 

 

Hier sieht man rechts den Parasitischen Röhrling, links den parasitierten Kartoffelbovist. Auf dem Parasitischen Röhrling wächst auch ein Parasit, wohl ein Schimmelpilz. Eine Art pilzlicher Ringkampf. Bei aufeinander folgenden Spaziergängen kann man dann feststellen wer Sieger bleibt. Ich habe schon beobachten können, dass die Parasitischen Röhrlinge den Schimmelpilzbefall anscheinend abschütteln können und ihren Parasiten wieder losgeworden zu sein schienen.

Ästhetisch ansprechende Pilze findet man, auch wenn es schon kühl geworden ist, im Oktober und darüber hinaus im Twedter Feld an Holz.

Hier zum Beispiel den Sparrigen Schüppling, der ebenso wie der Frostspanner bei Obstbauern als Schädling unbeliebt ist, aber Nützlich- und Schädlichkeitserwägungen können ja in einem Naturschutzgebiet hintan gestellt werden.

 

 

Besonders häufig ist auch die Rötende Tramete (Daedalopsis confragosa) zu finden.

Wenn man eine Lupe mitnimmt kann auch das überall häufige Zitronengelbe Holzbecherchen (Bisporella citrina) einen reizvollen Farbkontrast zum Moos zeigen.

Copyright (Bilder und Text) Rainer Niss